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„Handball ist mein Leben. Ich liebe diesen Sport“

Seit Mitte Juli hat das Landesliga-Team der HSG Kreuzberg mit Amor Seghaier (65, Foto) einen neuen Trainer. Im Interview mit der Webredaktion spricht der Diplom-Sportlehrer über Ziele, seine Erwartungen an die Mannschaft – und seinen abwechslungsreichen Lebensweg, der ihn von Tunesien aus über die Olympischen Spiele 1972 in München und das Rheinland auf die arabische Halbinsel und schließlich nach Berlin führte.

Herr Seghaier, was führt einen ehemaligen Olympiateilnehmer zu einem kleinen Verein wie der HSG Kreuzberg?

Amor Seghaier: Ich habe zuletzt den BFC Preußen in der Oberliga trainiert. Als ich die Mannschaft im Januar übernahm, war sie Tabellenletzter. Leider ist uns bei vier Absteigern in die Verbandsliga der Klassenerhalt nicht gelungen. Mein Vertrag lief dann Ende Mai aus. Ich war also frei – und habe gehört, dass die HSG Kreuzberg einen Trainer sucht. So sind wir zusammengekommen.

Mitte Juli haben Sie angefangen, also bereits mitten in der Vorbereitung. Es bleiben nur noch wenige Wochen bis zum Start der Landesliga-Saison. Welche Schwerpunkte werden Sie setzen?

Seghaier: Zunächst einmal muss ich mir einen Überblick über die Spieler der ersten und zweiten Mannschaft verschaffen, um dann den Kader für die Landesliga zusammen zu stellen. Sehr gut ist, dass alle Akteure lernwillig sind. Natürlich ist es im Moment schwierig, weil im August viele im Urlaub sind. Wir bemühen uns nun, bis zum Beginn der Meisterschaft eine Mannschaft zu komponieren, die einigermaßen gerüstet in die Saison starten kann.

Kann die HSG nach Ihren ersten Eindrücken in der Landesliga bestehen?

Seghaier: Ich bin immer Optimist. Wir haben eine ganze Reihe guter Spieler. Der eine oder andere wird noch dazukommen. Wenn wir intensiv arbeiten, dann werden wir bestehen.

Was erwarten Sie von Ihren Spielern?

Seghaier: Dass sie diszipliniert arbeiten. Dass sie mehr miteinander spielen, nicht nur auf sich selbst gucken. Dass sie kämpfen. Dass sie regelmäßig im Training sind. Wenn jemand aus persönlichen Gründen mal nicht kommen kann, akzeptiere ich das. Aber letztlich ist Training die Grundlage für alles. Ich denke, dass wir eine gute Zusammenarbeit haben werden.

Die HSG hat keine Jugendarbeit, setzt stattdessen auf Handballer, die neu in die Stadt ziehen. Ein auf Dauer tragfähiges Konzept?

Seghaier: Jugendarbeit ist für die Struktur und Überlebensfähigkeit eines Vereins wichtig. Ich habe bereits mit dem Vorstand darüber gesprochen, dass wir uns darum bemühen sollten, einen Unterbau aufzubauen, um den Verein zu entwickeln. Das bedeutet natürlich viel Arbeit, man braucht die Kontakte zu den Schulen, man braucht Übungsleiter.

Sie sind im Handball viel herumgekommen: Tunesien, die Emirate, Deutschland. Was hat Sie nach Berlin geführt?

Seghaier: Der Umzug des Bundestags. Meine Frau und ich haben in Bonn für das Parlament gearbeitet. 1998 – also ein Jahr vor dem offiziellen Bundestagsumzug – sind wir dann nach Berlin gewechselt. Seitdem leben wir hier – und fühlen uns sehr wohl. Berlin ist eine tolle Stadt, mit vielen Kulturen und vielen Möglichkeiten.

Beruflich sind Sie seit April Ruheständler, bis dahin haben Sie als Oberamtsmeister des Plenar- und Ausschussassistenzdienstes gearbeitet. Gibt es Politiker, die Sie besonders vermissen werden?

Seghaier: Ich vermisse den Bezug zu allen Mitgliedern des Bundestags. Ich habe mit den Abgeordneten zusammengearbeitet, mit Regierungsvertretern, auch mit Leuten aus dem Bundesrat. Das vermisse ich wirklich. Ich hätte lieber weitergearbeitet statt in Rente zu gehen. Positiv gesehen habe ich aber nun mehr Zeit, mich um den Handball zu kümmern. Dieses Spiel ist mein Leben, ich liebe diesen Sport. Durch den Handball bin ich nach Deutschland gekommen, habe meine Familie und viele Freunde kennengelernt.

Sie haben früher in der Nationalmannschaft Tunesiens gespielt und an den Olympischen Spielen 1972 in München teilgenommen. Wie sind Sie dann nach Deutschland gekommen?

Seghaier: Deutschland war damals beliebt in Tunesien. Wir hatten mit der Nationalmannschaft immer unsere Trainingslager in Deutschland, in ganz unterschiedlichen Städten. Dadurch kannte ich dieses Land irgendwann besser als meine Heimat. Die Mentalität der Menschen hier, ihre Disziplin, aber auch ihre Art, miteinander umzugehen – all das hat mich so berührt, dass ich fest hierhergezogen bin. An den Tag kann ich mich noch genau erinnern, es war der 2. September 1975. Danach war ich dann als Spieler, Spielertrainer und Trainer tätig.

Zum Beispiel wo?

Seghaier: Anfangs vor allem im Rheinland: Als Spieler beim TuS Niederpleis bei Bonn, als Spielertrainer bei der HSG Römerwall, als Trainer in Krefeld oder Wermelskirchen. Meist bei Männerteams, ich habe aber auch Frauenmannschaften betreut, zum Beispiel den Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen Mitte der 80er Jahre. Danach war ich im Ausland tätig, in den Vereinigten Arabischen Emiraten. In Berlin habe ich Oranienburg, BFC Preußen, Schöneberg oder den VfL Tegel trainiert.

Und jetzt die HSG Kreuzberg, zu der Sie auch Ihre beiden Söhne mitbringen.

Seghaier: Ja, mein Sohn Denis unterstützt mich als Betreuer. Und Sami wird hier in der ersten Mannschaft spielen und in der zweiten Mannschaft weitere Erfahrungen auf der Trainerbank sammeln. So hat er es zuletzt auch beim PSV gehalten. Wir sind eben eine handballverrückte Familie.

Das Interview führte die Webredaktion im August 2016.